4. August 2022

Erbbaurecht

Das Erbbaurecht stellt oftmals eine optimale Lösung für alle dar, die ein Haus besitzen, jedoch kein Grundstück kaufen möchten. Auch bei knappem Eigenkapital besteht so die Möglichkeit, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Denn als Erbbaurecht wird das Recht bezeichnet, auf dem Grundstück eines anderen bauen zu können oder eine darauf befindliche Immobilie zu kaufen. Ob und inwiefern sich das lohnt und was bei einem Erbbaurechtsvertrag zu beachten ist, damit diese günstige Alternative vom Hauskauf auf fremdem Boden nicht zum Reinfall wird, lesen Sie im Folgenden. 
 

Das Erbbaurecht kurz definiert
Das Erbbaurecht ermöglicht den Kauf sowie den Bau und die Nutzung einer Immobilie, ohne dabei selbst Eigentümer des Grundstücks zu sein. Denn dieses bleibt im Besitz des Erbbaurechtgebers. Der Bauherr oder Käufer, also der Erbbaurechtnehmer, zahlt dem Erbbaurechtgeber für die Nutzung des Grundstücks ein Entgeld bzw. die Pacht – den sogenannten Erbbauzins.  
 

Der Erbbauzins 
Der Erbbauzins ist als Entgeld für die Nutzung des betroffenen Grundstücks zu entrichten. Je nach Vertragsgestaltung kann dieser einmalig, monatlich oder jährlich gezahlt werden. Der Erbbauberechtigte muss alle 3-5 Jahre mit einer Anpassung des Erbbauzinses an den Verbraucherpreisindex rechnen. Das Statistische Bundesamt dient hierbei als Orientierung. Ist dieser Index in den betrachteten drei Jahren gestiegen, kann der Erbbaurechtgeber die Höhe des Erbbauzinses ebenfalls entsprechend erhöhen. Indexverträge mit Inflationsausgleich sind jedoch auch möglich. Der Bodenwert dient in den meisten Fällen als Bemessungsgrundlage – daher liegt der Erbbauzins oftmals zwischen 4 und 6 Prozent des Grundstückswertes. 


Das Erbbaurechtsgesetz
In Deutschland wird das Erbbaurecht innerhalb des Erbbaurechtsgesetzes (ErbbauRG) geregelt. Es ist bundesweit einheitlich und wurde bereits im Jahr 1919 erlassen. Seitdem erfuhr es einige Änderungen und Ergänzungen. Erbbaurechtgeber und -nehmer schließen einen Erbbaurechtsvertrag ab, welcher wie der Kaufvertrag für die Immobilie von einem Notar beurkundet werden muss. Das Erbbaurecht wird anschließend in das Grundbuch des Grundstücks in Abteilung II und in ein separates Erbbaugrundbuch eingetragen. 


Mitspracherecht im Erbbaurechtsgesetz
Das Erbbaurechtsgesetz räumt dem Grundstückseigentümer, also dem Erbbaurechtgeber, einige Mitspracherechte ein. Es ist tatsächlich ein weit verbreiteter Irrtum, dass der Erbbaurechtgeber lediglich bei seinem Grundstück mitbestimmen darf, bei der Immobilie – die er ja verkauft hat – aber außen vor ist. Dem ist nicht so, auch bei bestimmten Dingen, die Veränderungen an der Immobilie und deren Nutzung betreffen, kann der Erbbaurechtgeber sein Veto einlegen. Dieses Veto muss allerdings begründet sein. Können sich die Parteien nicht einigen, muss ein Gericht darüber entscheiden. 

Ein prinzipielles Mitspracherecht besteht bei diesen Punkten: 

  • Weitervermietung der Immobilie
  • Umbau der Immobilie
  • Anbau an der Immobilie
  • Sonstige bauliche Veränderungen 
  • Die Höhe des Beleihungswerts der Immobilie

Insbesondere der letzte Punkt kann sich für Sie als Erbbaurechtnehmer als Kostenfalle entpuppen. Ist die Immobilie beispielsweise sanierungsbedürftig, würden Sie beim Kauf direkt mehr Geld von der Bank aufnehmen wollen, um auch die Sanierung finanzieren zu können. Die Bank würde den Zustand der Immobilie und die geplanten Sanierungsmaßnahmen analysieren, den Verkehrswert neu berechnen und die Beleihungsgrenze erhöhen. Schließlich würde dank der Sanierung auch der Wert der Immobilie steigen. Sie als Käufer könnten dann wie gewünscht einen höheren Kredit aufnehmen. 
An einem höheren Verkehrswert hat der Erbbaurechtgeber allerdings kein Interesse. Denn wie bereits geschildert: Läuft der Erbbauvertrag aus, geht die Immobilie in das Eigentum des Erbbaurechtgebers über, wofür er eine Entschädigung in Höhe von meist 66 bis 75 Prozent des Immobilienwertes zahlen muss. In einem solchen Fall kann der Erbbaurechtgeber also eher ein Interesse daran haben, den Verkehrswert der Immobilie niedrig zu halten und seine Zustimmung zur Sanierung zu verweigern. Sie müssten dann Ihre Finanzierung rückabwickeln und mit hohen Kosten rechnen. 


Erbbaurecht – die Laufzeit des Vertrags 
Das Grundstück wird dem Erbbaurechtnehmer für einen vorab definierten Zeitraum überlassen. Der Erbbaurechtsvertrag kann bis zu 99 Jahre laufen und darüber hinaus beliebig oft verlängert werden. Im Fall, dass der Erbbauvertrag ausläuft, geht die Immobilie in das Eigentum des Erbbaurechtgebers über. Der Erbbaurechtnehmer erhält dann eine Entschädigung, deren Höhe vom jeweiligen Vertrag abhängt – üblich sind 66 bis 75 Prozent des Immobilienwertes.  
Wie lange im Zuge dessen der Erbbauzins gezahlt werden muss, hängt grundsätzlich davon ab, wie das Erbbaurecht vertraglich vereinbart ist. Es stellt sich also die Frage, wann das Erbbaurecht erlischt.

Diese zwei Fälle beenden das Erbbaurecht: 

  1. Bei Ablauf der vereinbarten Erbbaurechts-Dauer (meist zwischen 50 und 99 Jahren)
  2. Beim Heimfall

Das Erbbaurecht und der Heimfall 
Der Heimfall bezeichnet im Erbbaurecht, dass die Immobilie wieder dem Erbbaurechtgeber „anheim“ fällt, also zurück in seinen Besitz fällt. Anders gesagt: Beim Heimfall kündigt der Erbbaurechtgeber den Erbbaurechtsvertrag. Das darf er natürlich nur aus triftigen Gründen.

Diese Gründe führen zum Heimfall: 

  • Eine Insolvenz des Erbbaurechtnehmers, wenn dadurch 2 Jahre in Folge ein Verzug der Erbpachtzahlungen stattfindet
  • Vernachlässigung der Immobilie durch den Erbbaurechtnehmer
  • Tod des Erbbauberechtigten oder Grundstückeigentümers 
  • Verstoß gegen den Bebauungsplan beim Bau der Immobilie durch den Erbbaurechtnehmer 

In allen Fällen geht die Immobilie wieder in den Besitz des Erbbaurechtgebers zurück – dafür muss er dem Erbbaurechtnehmer allerdings die vertraglich festgelegte Entschädigung zahlen. Gesetzlich festgelegt sind zwei Drittel des Verkehrswertes der Immobilie. Dazu kommt: Eventuell ausstehende Forderungen von der Bank gehen ebenfalls an den Erbbaurechtgeber über. 

Was passiert, wenn das Erbbaurecht ausläuft? 
Die meisten Grundstücke mit Erbbaurecht werden von Gemeinden und der Kirche vergeben. Läuft hier das vertraglich vereinbarte Erbbaurecht aus, ist die Chance sehr hoch, dass der Vertrag einfach verlängert wird. Solche Institutionen haben nämlich meist kein Interesse daran, das Grundstück selbst zu nutzen. 

Beim Auslaufen des Erbbaurechts kann Folgendes passieren: 

  • Der Erbbaurechtgeber bietet kein Verlängerungsangebot: Dann fällt die Immobilie wieder in den Besitz des Erbbaurechtgebers zurück. Dafür zahlt dieser dem Erbbaurechtnehmer eine Entschädigung. 
  • Der Erbbaurechtgeber bietet eine Verlängerung an: Insofern Sie die Verlängerung akzeptieren, läuft alles weiter wie gehabt. 
  • Sie lehnen die Verlängerung des Erbbaurechtgebers ab: Dann fällt die Immobilie wieder in den Besitz des Erbbaurechtgebers zurück, Sie erhalten jedoch keine Entschädigung in diesem Falle. 

Das Erbbaurecht und die Erbpacht – wo liegt der Unterschied? 
Die Erbpacht ist im Grunde ein veralteter Begriff für das Erbbaurecht. Beide Ausdrücke werden heute synonym verwendet. Auch der Erbbauzins wurde früher als Erbpacht bezeichnet. Wann immer Ihnen also der Begriff Erbpacht unterkommt, ist entweder das Erbbaurecht als Ganzes gemeint – also Ihr Recht, auf dem Grundstück eines anderen eine Immobilie zu nutzen – oder der Erbbauzins im Speziellen. 

Das Erbbaurecht – kostengünstige Alternative oder Reinfall? 
Insbesondere aus finanzieller Sicht scheint das Erbbaurecht dem Erbbaurechtnehmer bei seiner Baufinanzierung einige Vorteile zu bieten. Es lohnt sich aber, genauer hinzuschauen und nachzurechnen. Schließlich muss der Erbbauzins über die gesamte Laufzeit des Erbbaurechtsvertrags gezahlt werden. 

Bei einer angenommenen Vertragsdauer von 50 Jahren und einem Erbbauzins von 5 % könnte eine Beispielrechnung so aussehen: 

  • Marktwert des Grundstücks: 100.000 €
  • Jährlicher Erbbauzins 5 %: 5.000 €
  • Nach 50 Jahren gezahlt: 250.000 €

Nach 50 Jahren hätten Sie in diesem Fall also das 2,5-fache des ursprünglichen Marktwerts des Grundstücks gezahlt. Dabei sind mögliche Steigerungen der Erbpacht noch nicht mit eingerechnet – der Erbbauzins darf alle drei Jahre angepasst werden. Außerdem gehört Ihnen das Grundstück nach diesen 50 Jahren nicht – Sie haben lediglich „Miete“ gezahlt. 
Das Erbbaurecht lohnt sich also tatsächlich meist nur dann, wenn wenig Eigenkapital vorhanden ist und dennoch ein Eigenheim finanziert werden soll. Manchmal ist das Erbbaurecht auch die einzige Möglichkeit, an ein bestimmtes Grundstück in einer besonders beliebten Lage zu gelangen. 

Welche Kosten entstehen beim Erbbaurecht?
Erwerben Sie ein Grundstück mit Erbbaurecht, kommt ein vergleichsweise geringer Kaufpreis auf Sie zu. Allerdings müssen auch anderweitige Kosten, welche mit denen eines regulären Immobilienbesitzes vergleichbar sind, getragen werden. 

Diese Kosten beinhaltet das Erbbaurecht: 

  • Erbbauzins
  • Grundsteuer
  • Grunderwerbssteuer
  • Erschließungskosten bei einem Neubau
  • Versicherungskosten wie die Gebäudeversicherung
  • Instandhaltungskosten

Erbbaurecht: Die Vorteile auf einen Blick 
Wenn Sie sich Ihren Traum vom Eigenheim über das Erbbaurecht erfüllen, kann das durchaus einige Vorteile für Sie haben: 

  • Eine Finanzierung des Grundstücks entfällt 
  • Aus finanzieller Sicht erhöht sich dadurch Ihr Eigenkapital 
  • Der Finanzierungsbedarf sinkt 
  • Das Darlehen verbilligt sich in der Regel dadurch
  • Niedrige Kaufnebenkosten
  • Eine Immobilie mit Erbbaurecht kann selbst bewohnt, vermietet, verkauft oder vererbt werden

Zudem profitiert der Erbbaurechtgeber, da er sein Grundstück nicht aus der Hand geben muss. Dies ist eine besonders große Motivation für viele Städte und Gemeinden, verstärkt auf Erbbaurechte zusetzen. 

Erbbaurecht: Die Nachteile auf einen Blick 
Die Nachteile des Erbbaurechts dürfen jedoch auch nicht außer Acht gelassen werden:

  • Als Erbbaurechtnehmer sind Sie nie Eigentümer des Grundstücks 
  • Aufgrund des Mitspracherechts können Sie nicht frei über Ihre Immobilie verfügen
  • Der Erbbauzins muss über die gesamte Laufzeit des Vertrages gezahlt werden


Die Finanzierung einer Immobilie mittels Erbbaurecht
Findet die Finanzierung über die Bank statt, so spielt zunächst die Vereinbarung mit dem Verpächter die größte Rolle. Damit dieser sich finanziell absichern kann, ist im Vertrag oftmals ein maximaler Beleihungssatz für die Finanzierung festgehalten. Dabei bestehen viele Banken darauf, dass das Darlehen innerhalb von 15 Jahren vor Ablauf des Vertrages abzubezahlen ist.

Worauf Sie achten müssen – unsere Tipps zum Erbbaurecht
Wenn Sie über den Kauf einer Immobilie auf einem Erbbaugrundstück nachdenken, sollten Sie sich im Vorfeld gründlich informieren, da es sich um eine bedeutende Entscheidung handelt, welche Sie einige Jahre begleiten wird. Damit Sie das Wichtigste nicht aus den Augen verlieren, haben wir die essentiellen Aspekte einmal zusammengefasst: 

  1. Bei Vertragsabschluss können Sie mit dem Erbbaugeber einen Neubeginn der Restlaufzeit aushandeln. 
  2. Sie können auf ein Vorkaufsrecht für das Grundstück bestehen. So gehen Sie auf Nummer sicher, falls der Grundstückseigentümer das besagte Grundstück eines Tages veräußern möchte. Sollten Sie eine verbesserte Einkommenssituation in Aussicht haben, sich bisher das Grundstück aber noch nicht leisten können, lässt sich eine Klausel aushandeln, um sicherzustellen, dass Sie das Grundstück jederzeit erwerben können. 
  3. Achten Sie auf eine klar formulierte Entschädigungsregelung. Der Erbbauvertrag muss eine eindeutige Definition enthalten, wie die Preisspanne der Entschädigungssumme zu ermitteln ist.
  4. Sollte das Erbbaurecht auslaufen, gehen Sie unbedingt rechtzeitig auf den Erbbaugeber zu. Vor Ablaufdatum sollte die Verlängerung bereits im Grundbuch festgehalten werden. 
Übersicht