30. Juni 2022 Immobilienkauf Benjamin Papo

Was steht im Baulastenverzeichnis?

Wenn Sie ein Grundstück kaufen möchten, sollten Sie nicht nur einen Blick in das Grundbuch werfen, sondern auch in das Baulastenverzeichnis. Hierin könnten Verpflichtungen stehen, mit denen Ihr zukünftiger Grund und Boden „belastet“ ist.

Was ist das Baulastenverzeichnis? 
Das Baulastenverzeichnis gibt Auskunft darüber, ob und welche öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen für ein Grundstück eingetragen sind. Diese Verpflichtungen sind für den Grundstückseigentümer bindend und schreiben ihm vor, was er auf seinem Grund und Boden zu tun, zu unterlassen oder zu dulden hat. Solche öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen werden Baulasten genannt. Wenn Sie ein Grundstück kaufen möchten, sollten Sie unbedingt vorher einen Blick in das Baulastenverzeichnis werfen. Bei unbebauten Grundstücken könnten Ihnen eingetragene Baulasten unter Umständen Ihren Hausbau erschweren oder gar unmöglich machen. Bei bereits bebauten Grundstücken könnten Baulasten den Wert der Immobilie mindern – damit wären Sie als Käufer in einer besseren Verhandlungsposition. 

Unterschied zwischen Baulasten und Grunddienstbarkeiten 
Einschränkungen bei der Nutzung oder Bebauung eines Grundstücks können auch im Grundbuch eingetragen werden. Dort werden diese Verpflichtungen Grunddienstbarkeiten genannt. Solche Grunddienstbarkeiten werden immer zwischen zwei privaten Parteien vereinbart. Dabei kann es sich zum Beispiel um ein eingeräumtes Wegerecht für den Nachbarn handeln. Im Gegensatz dazu sind Baulasten Abmachungen, bei denen ein öffentlich-rechtliches Interesse besteht. So kann beispielsweise das Bauamt bzw. die Kommune eine der Parteien sein. Auch hier kann zum Beispiel ein Wegerecht eingeräumt sein – etwa wenn ein öffentlicher Fußweg über das Grundstück verläuft. Das Baulastenverzeichnis ist daher für die Bewertung eines Grundstücks ebenfalls sehr wichtig und als Ergänzung des Grundbuchs anzusehen. 

Welche Baulasten gibt es? 
Es gibt eine ganze Reihe von Baulasten, die im Baulastenverzeichnis vermerkt sein könnten. Selbstverständlich kann ein Grundstück aber auch frei von Baulasten sein. In diesem Fall wäre für das betreffende Grundstück im Baulastenverzeichnis kein Eintrag vorhanden. Typische Baulasten können zum Beispiel die folgenden sein: 

  • Überfahrbaulast: Die öffentliche Zufahrt zum Nachbargrundstück verläuft über Ihr eigenes Grundstück. Sie müssen dulden, dass Ihr Nachbar diese Zufahrt nutzt. Auch Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenwagen können so auf das begünstigte Grundstück gelangen. Die Zufahrt darf weder bebaut, noch durch Tore verschlossen werden. 
  • Stellplatzbaulast: Auf Ihrem Grundstück befinden sich PKW-Stellplätze, die Dritte mitbenutzen dürfen. Sie sind verpflichtet, dies zu dulden. Oftmals erhalten Sie dafür eine Entschädigung. 
  • Erschließungsbaulast: Hat ein Grundstück keinen direkten Zugang zum öffentlichen Straßennetz oder der Strom- Wasser- und Abwasserversorgung, muss dieser Zugang über ein benachbartes Grundstück erfolgen. Mit der Erschließungsbaulast muss der Eigentümer des Nachbargrundstücks diese Art der Erschließung dulden. 
  • Kinderspielflächenbaulast: Hat eine Immobilie mehr als fünf vermietbare Wohnungen, muss auf dem Grundstück eine Spielfläche für die Kinder der Mieter geschaffen werden.  
  •  Anbaubaulast: Bei dieser Baulast müssen alle Gebäude einer Straße in geschlossener Front aneinander abschließen. 
  • Vereinigungsbaulast: Durch die Vereinigungsbaulast gelten zwei Grundstücke als eine Einheit. Dadurch lässt sich beispielsweise ein Zweifamilienhaus auf zwei Grundstücken errichten.  
  • Standsicherungsbaulast: Sie müssen Teile des Nachbarhauses auf Ihrem Grundstück dulden, damit die Standsicherheit des Nachbarhauses gewährleistet bleibt.  

Wie kommt eine Baulast ins Baulastenverzeichnis? 
Wer in Deutschland ein Gebäude errichten möchte, braucht dafür eine Baugenehmigung. Die zuständige Baubehörde prüft vorab im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens, ob eine Baugenehmigung erteilt werden kann – sprich, ob das geplante Bauvorhaben den geltenden Vorschriften genügt. Sollte dies nicht der Fall sein, wird der Bauantrag abgelehnt. Die Eintragung einer Baulast kann in solch einem Fall ein Ausweg sein, die Baugenehmigung doch noch zu erhalten. Sind Sie als Grundstückseigentümer bereit, eine entsprechende Baulast auf Ihr Grundstück eintragen zu lassen, erhalten Sie die gewünschte Genehmigung. Aber: Die Baulast bleibt nahezu ewig im Baulastenverzeichnis bestehen. Sie kann nur in Ausnahmefällen und mit schriftlicher Genehmigung der Behörde rückgängig gemacht werden. Das Eintragen einer Baulast sollte also gut überlegt sein. 

Wie funktioniert eine Baulastenauskunft? 
Wenn Sie eine Baulastenauskunft für ein Grundstück wünschen, sollten Sie sich an die Bauaufsichtsbehörde Ihrer Kommune wenden. Meist ist online ersichtlich, welche Unterlagen und Formulare Sie für die Baulastenauskunft einreichen müssen. Einblick in das Baulastenverzeichnis erhalten nämlich nur Personen mit einem berechtigten Interesse. Dieses liegt beispielsweise bei Kaufinteressenten oder Grundstückseigentümern vor. Im Regelfall beantragt der Verkäufer oder der von ihm beauftragte Makler die Baulastenauskunft. Lassen Sie sich eine Vollmacht vom Verkäufer ausstellen, falls Sie sich selbst darum kümmern sollen.  

Was kostet eine Baulastenauskunft? 
Eine telefonische Auskunft aus dem Baulastenverzeichnis ist in der Regel kostenlos. Die Gebühren für eine schriftliche Auskunft hängen von der jeweiligen Gemeinde sowie von der Anzahl der eingetragenen Baulasten ab. Normalerweise ist eine Baulastenauskunft nicht teurer als 150 Euro. 

Ausnahmen beim Baulastenverzeichnis 
In zwei Bundesländern gibt es abweichende Regelungen bei den Baulasten: 

  • Bayern: Hier werden Baulasten wie Grunddienstbarkeiten behandelt und ebenfalls in das Grundbuch eingetragen. 
  • Brandenburg: Zwischen 1994 und 2016 wurden auch hier Baulasten in das Grundbuch eingetragen. Baulasten aus allen anderen Jahren befinden sich im Baulastenverzeichnis. 

Baulasten nicht geprüft – und nun? 
Wenn Sie es als Grundstückskäufer versäumt haben, im Vorfeld das Baulastenverzeichnis zu prüfen, dann heißt es oft: Pech gehabt! Die eingetragenen Baulasten gehen dann verbindlich auf Sie über. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Verkäufer die Baulasten kannte und Sie bewusst nicht darüber informierte. In solch einem Fall geht der Gesetzgeber von arglistiger Täuschung aus und Sie können unter Umständen Gewährleistungsansprüche geltend machen. 

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