17. Juni 2019 Baufinanzierung

Baufinanzierung als Vollfinanzierung – Chance oder Risiko?

Die Baufinanzierung ist ein langjähriges Finanzierungsprojekt im unteren bis mittleren sechsstelligen Bereich. Finanzierung heißt in diesem Sinne, dass die nicht durch das Eigenkapital zuzüglich der Eigenleistung gedeckten Bau- oder Kaufkosten von einem externen Kreditinstitut fremdfinanziert werden.

Diese Situation wird als Teilfinanzierung bezeichnet. Ohne Eigenfinanzierung handelt es sich um eine Vollfinanzierung; die kompletten Kauf- oder Baukosten werden in voller Höhe fremdfinanziert, und zwar durch ein dementsprechend hohes Immobiliendarlehen. Bei der Abwägung, ob es sich dabei letztendlich mehr um Chance als um Risiko handelt, sind vielfältige Aspekte auf Seiten des Darlehensgebers und des Darlehensnehmers zu bewerten.

Kreditausfallrisiko ohne Verlustmarge bei Zwangsversteigerung

Die übliche Teilfinanzierung unter Berücksichtigung der Eigenfinanzierung des Bauherrn respektive Käufers beträgt etwa 70 bis 80 Prozent der Gesamtkosten für die Immobilie. Im Falle einer Zwangsversteigerung als dem Worst Case liegt der Versteigerungserlös deutlich unter dem ansonsten verkaufsüblichen Immobilienwert. Die Grundbuchbesicherung der Immobilienfinanzierung ist in den meisten Fällen erstrangig. Dadurch ist gewährleistet, dass auch der verringerte Versteigerungserlös den aktuellen Darlehenssaldo deckt. Die Bank hat ihr Kreditausfallrisiko soweit reduziert, dass für sie die Zwangsversteigerung mit plus minus null ausgeht.

Vollfinanzierte Baufinanzierung als hohes bis unkalkulierbares Finanzierungsrisiko

Der Zahlenvergleich zeigt deutlich, wie hoch das Kreditausfallrisiko für die vollfinanzierte Immobilie sein kann. Ohne Eigenfinanzierung kann zweierlei bedeuten, und zwar

  • 100%-Finanzierung ausschließlich für die Bau- und Kaufkosten der Immobilie
  • 110%-Finanzierung vollfinanziert mit sämtlichen Bau- und Kaufkosten zuzüglich aller fälligen Kaufnebenkosten von der Vertragsbeurkundung bis hin zur Grunderwerbssteuer. Sämtliche anfallenden Kosten werden fremd-, in dem Sinne vollfinanziert

Für eine vollfinanzierte Immobilie ist die Hypothekeneintragung im Grundbuch keine ausreichende Risikoabsicherung. Der Bauherr muss, wenn er sich an der Immobilienfinanzierung nicht direkt beteiligen kann oder will

  • eine weit über dem Durchschnitt liegende gute Bonität als Kreditwürdigkeit mitbringen. Auf der Ausgabenseite ist das der sehr gute Schufa-Score mit möglichst wenig vertraglichen Verbindlichkeiten; auf der Einnahmeseite ist es ein adäquat hohes und dauerhaft gesichertes Einkommen. Als Idealfall gilt der Beamte auf Lebenszeit im gehobenen und höheren Dienst
  • die Immobilienfinanzierung über eine damit korrespondierende Restschuld- oder Risikolebensversicherung absichern
  • das Immobiliendarlehen von Beginn an mit einem deutlich höheren Prozentsatz als ansonsten üblich tilgen
  • als finanziellen Risikoausgleich einen spürbar höheren Effektivzinssatz bezahlen. Zusammen mit der ebenfalls erhöhten Tilgung ergibt das einen recht hohen monatlichen Schuldendienst

Ein weiteres wichtiges bis entscheidendes Kriterium für den Kreditgeber sind die Lage und der Gesamtzustand der Immobilie. Es muss erkennbar sowie abschätzbar sein, dass der Immobilienwert in den kommenden Jahren auf keinen Fall sinkt, sondern bestenfalls ansteigt.

Vollfinanzierte Immobilie – auch eine Frage der individuellen Beratung

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass im Einzelfall die Chancen durchaus gut sein können, eine Immobilie zu 100% beziehungsweise vollfinanziert zu bekommen. Der Bank ist das damit verbundene Risiko voll bewusst. Sie hat verschiedene Möglichkeiten, um das erhöhte Kreditausfallrisiko abzuschwächen; komplett ausklammern kann sie es nicht. Dementsprechend schwierig bis aufwändig gestalten sich erfahrungsgemäß die Verhandlungs- und Finanzierungsgespräche. Vor diesem Hintergrund gilt die persönliche Beratung als der beste Weg zu einer Hausbaufinanzierung.

Übersicht