Mehr Spielraum durch Erbpacht

Die Eigenkapitalanforderungen vieler Wohnimmobilienfinanzierer haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Erbbaurechtsgrundstücke können an dieser Stelle deutliche Entlastung bringen. Vor- und Nachteile sind dabei allerdings sorgfältig gegeneinander abzuwägen.
Beim Erbbaurecht sind Grundstücke und deren Nutzungsberechtigung voneinander getrennt. Gegen Zahlung eines jährlichen Betrags (Erbpachtzins) überlässt der Grundstückseigentümer (Erbbaugeber), bei dem es sich oft um Kirchen, Kommunen oder Stiftungen handelt, dem Erbbauberechtigten das Recht, das Grundstück zu bebauen und für eine bestimmte Zeit (z.T. bis zu 99 Jahre) wirtschaftlich zu nutzen. Das Erbbaurecht kann verkauft, vererbt oder beliehen werden. Am Ende der Laufzeit fällt das Grundstück inklusive der auf ihm erbauten Gebäude an den Erbbaugeber zurück. Abhängig von den genauen Vertragsbedingungen erhält der Erbbaunehmer für die auf dem Gelände befindlichen Immobilien eine Entschädigung.
Großer Vorteil eines Erbbaurechts sind die im Vergleich zum klassischen Grundstückskauf geringeren Anschaffungskosten. Der Käufer erwirbt nur das Gebäude und spart sich den Kauf des Grundstücks. Entsprechend geringer fallen der Finanzierungsbedarf und damit auch die Höhe des erforderlichen Eigenkapitals aus. Es verbleibt ein größerer finanzieller Spielraum für Bau oder Renovierungen. Andererseits fällt ein jährlicher Erbpachtzins an, dessen Höhe typischerweise bei rund 3-5 % des jeweiligen Bodenwerts entspricht, zum Teil aber auch darunter liegen kann. Manche Institutionen gewähren hierauf eine attraktive Ermäßigung, wenn bestimmt Bedingungen erfüllt sind (z.B. 20% Reduktion pro Kind). Im günstigen Fall kann der Erbpachtzins also signifikant unter den aktuellen Hypothekenzinsen für neu abgeschlossene Immobilienkredite liegen. Zudem entfällt die Kredittilgung für den Bodenanteil, wodurch sich die monatliche Belastung deutlich reduziert. Immobilieninvestoren können durch die Nutzung von Erbbaurechtsgrundstücken unter Umständen ihre Eigenkapitalrendite erhöhen.
Andererseits können ungünstige Klauseln im Erbbaurechtsvertrag oder kurze Restlaufzeiten die Fremdkapitalbeschaffung erschweren. So reduzieren Banken häufig den maximalen Beleihungswert oder sie berechnen wegen höherer Vertrags- und Verwertungsrisiken einen Zinsaufschlag gegenüber vergleichbaren Vollkauf-Objekten. Dabei werden diese Risiken von Bank zu Bank unterschiedlich stark gewichtet. Auf Erbpacht spezialisierte Finanzierer bieten hier bisweilen bessere Konditionen.
Auch bei einem späteren Verkauf können sich aufgrund der Vorbehalte vieler Immobilieninteressenten gegenüber Erbbaurechtsgrundstücken gewisse Nachteile ergeben (kleinerer Wiederverkaufsmarkt). Zu beachten sind zudem die Mitspracherechte, die der Eigentümer des jeweiligen Grundstücks hat.
Nicht nur aus diesen Gründen sind die Vertragsklausel des Erbpachtvertrags und hier insbesondere mögliche Verlängerungsoptionen und Entschädigungsregeln bei Fälligkeit genau zu prüfen. Faire und unmissverständliche Regelungen mindern das Investorenrisiko. Ein wichtiger Punkt ist darüber hinaus der Anpassungsmechanismus der Erbpacht. Häufig ist der Bodenwert, der als Berechnungsbasis dient, an die Inflation oder einen Index gekoppelt.
Werden alle Fallstricke berücksichtigt, kann der Kauf von Erbbaugrundstücken insbesondere Interessenten mit geringer Eigenkapitalausstattung Möglichkeiten auf eine eigene Immobilie verschaffen, die beim klassischen Kauf von Grundstück und Gebäude nicht gegeben sind.