23. Dezember 2021 Immobilienkauf Benjamin Papo

Baugruppe – sind Sie der Typ fürs gemeinsame Bauen?

Bei einer Baugruppe oder Baugemeinschaft tun sich mehrere Bauwillige zusammen, um gemeinsam zu bauen und Wohnraum zu schaffen. Das kann bares Geld sparen und zu einer tollen Nachbarschaft führen. Doch bei einer Baugruppe kann es auch zu Problemen kommen – wir sagen Ihnen, worauf Sie beim Bauen in der Gruppe achten sollten.

Eine Baugruppe – was bedeutet der Begriff? 
Eine Baugruppe ist ein Zusammenschluss bzw. eine Kooperation von Personen, die gemeinsam bauen und damit Wohnraum schaffen möchten. Synonym gebrauchte Begriffe zur Baugruppe sind Bauherrengemeinschaft oder Baugemeinschaft. Eine Baugruppe baut aber nicht nur gemeinsam, die Personen bleiben meist auch nach der Fertigstellung des gemeinsamen Wohnprojekts dort wohnen – als Nachbarn oder sogar als Wohngemeinschaften.   

Eine Baugruppe zu gründen kann einige Vorteile haben. 
Mehr als die Hälfte der Deutschen lebt in Städten oder Ballungsräumen – hier sind freie Grundstücke und das Angebot an bezahlbarem Wohnraum knapp. Deshalb werden Baugruppen für gemeinsame Wohnraumprojekte meist in nachgefragten Wohn- und Immobilienmärkten gegründet. Denn eine Bauherrengemeinschaft kann einige Vorteile haben: 

  • Baukosten rund 10 bis 20 Prozent niedriger als beim Einzelbau – durch das Einsparen eines Bauträgers sowie durch spezielle Förderprogramme, die es in zahlreichen Kommunen für Baugruppen gibt 
  • Hohes Maß an Individualität und Erfüllung eigener Wohnwünsche – statt auf vorgegebene Häuser und Wohnungen von Bauträgern zu setzen, nimmt die Baugemeinschaft den Bau mittels eigenem Architekten selbst in die Hand und kann so z. B. bei Zuschnitt, Ausstattung, baulicher Qualität, Farb- und Freiflächengestaltung bis hin zu den Fensterformen mitbestimmen 
  • Gutes Gefühl von Gemeinschaft – in einer Baugruppe kennen Sie Ihre späteren Nachbarn von Anfang an und wissen somit, worauf Sie sich einlassen und verlassen können 

Eine Baugruppe kann auch Nachteile mit sich bringen. 
Wenn mehrere zusammen bauen, läuft nicht immer alles reibungslos. Das ist bei einer Baugruppe nicht anders. Hier müssen zahlreiche, individuelle Interessen unter einen Hut gebracht werden – oder besser gesagt: unter ein gemeinsames Dach.  

  • Je größer die Baugruppe, desto mehr entscheiden mit – das kann zu gegensätzlichen Ansichten und langwierigen Entscheidungsprozessen führen 
  • Ist der betreuende Architekt der Bauherrengemeinschaft gleichzeitig Mitglied dieser Baugruppe, kann es sein, dass er seine Vorstellungen aufgrund seines „Fachwissens“ durchsetzen will 
  • Erstellt der Architekt der Baugruppe auch die Abrechnung, kontrolliert er sich praktisch selbst – lieber Architekt und Projektsteuerer klar trennen 
  • Zahlreiche Baugemeinschaften ziehen vor Gericht, weil Kosten und Zeitpläne aus dem Ruder gelaufen sind – deshalb von Anfang an regelmäßige Besprechungs- und Prüftermine ansetzen 

Zusammen bauen und wohnen wird immer beliebter. 
Eine aktuelle Umfrage im Rahmen der Trendstudienreihe „Zukunftsfit Bauen und Wohnen“ beleuchtete das Thema Wohnen in der Gemeinschaft. Das Ergebnis ist eindeutig: Sowohl bei Älteren als auch bei Jüngeren wird diese Wohnform immer beliebter. Und das aus mehreren Gründen: 

  • 82 % bevorzugen gemeinschaftliches Wohnen im Alter, da es eine längere Eigenständigkeit erlaubt 
  • 78 % schätzen die gegenseitige Hilfe im Alltag 
  • 75 % sehen Kosteneinsparungen als Vorteil 
  • 69 % mögen die Nähe zu Gleichgesinnten 

Welche Arten von Baugruppen gibt es? 
Eine Baugruppe sollte nicht nur eine lose Ansammlung von Einzelpersonen sein, sondern sich auf jeden Fall einen juristischen Rahmen geben. Hierfür wird meistens die Rechtsform einer GbR gewählt, der Gesellschaft bzw. Baugemeinschaft bürgerlichen Rechts. Eine Gründung als Genossenschaft oder Verein ist zwar ebenfalls möglich, meist aber mit höheren rechtlichen Hürden verbunden. Mitglieder einer solchen Baugruppe kaufen einen Miteigentumsanteil am Grundstück, das bebaut werden soll. Je größer dieser Anteil ist, desto höher auch die Kosten für das Mitglied und desto größer meist auch das Mitspracherecht. Der Bau wird gemeinschaftlich von allen Mitgliedern beauftragt. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen von Baugruppen

Freie, private Baugemeinschaft: Diese Baugruppe organisiert alles selbst – von der Beauftragung des Architekten über die Bauplanung, und die Gewerke-Aufsicht bis hin zu allen bürokratischen Dingen wie beispielsweise das Einholen von Angeboten, das Beantragen von Baugenehmigungen oder die Bezahlung der Handwerker. Hier ist also Fachwissen gefragt – dafür gewährt diese Bauherrengemeinschaft ihren Mitgliedern ein Höchstmaß an Flexibilität und Selbstbestimmung. 

Gesteuerte, private Baugemeinschaft: Bei dieser Art von Baugruppe gibt es bereits Architekten oder Bauträger, die fertige, speziell für Baugemeinschaften zugeschnittene Konzepte haben. Die Bauherrengemeinschaft sucht sich das für sie passende Konzept aus. Bau-Koordination, Abwicklung und Bezahlung übernehmen im Anschluss ebenfalls der Architekt oder der Bauträger. Diese Form ist also für die Baugruppe „bequemer“, bedeutet aber auch, dass in Sachen Flexibilität und individuelle Wünsche eventuell Abstriche gemacht werden müssen. Kommunen bevorzugen übrigens gesteuerte, freie Baugemeinschaften, da die professionelle Betreuung eine größere Sicherheit darstellt. 

Eine Baugruppe durchläuft vier Phasen  
Vom ersten Treffen der Interessenten bis zum Wohnen in der neuen Immobilie – das sind die vier Phasen jeder Baugemeinschaft: 

  • Interessengemeinschaft – es geht los: die an einer Baugemeinschaft interessierten Personen kommen zusammen und besprechen ihre Vorstellungen und Wünsche 
  • Planungsgemeinschaft – es wird konkreter: Planung, Finanzierung und Mitgliederanzahl werden besprochen 
  • Baugemeinschaft – es wird ernst: die Baugruppe gründet sich, Verträge werden notariell beurkundet, Mitglieder können nur noch gegen Entschädigungszahlung aussteigen 
  • Eigentümergemeinschaft – es ist geschafft: der Bau ist fertig, aus der Baugemeinschaft wird eine Wohneigentümergemeinschaft, auf die unter anderem die Gewährleistungsansprüche übertragen werden 

Zusammen bauen als Baugruppe – nicht ohne Verträge  
Verträge rund um die Gründung der Bauherrengemeinschaft und die Planung des Baus sind für eine Baugruppe empfehlenswert und in manchen Fällen sogar verpflichtend. Daher ist es grundsätzlich zu empfehlen, dass sich eine Baugruppe durch einen auf Baurecht spezialisierten Anwalt beraten lässt. Die wichtigsten Verträge sind: 

  • GbR Gesellschaftsvertrag – der Rechtsrahmen der Baugruppe sollte notariell beglaubigt sein 
  • Bauvertrag – erwirbt die Baugruppe von der Baufirma auch das Grundstück, ist eine notarielle Beurkundung verpflichtend 
  • Architektenvertrag und Projektplanervertrag – auch hier ist eine notarielle Beurkundung verpflichtend, wenn die Baugruppe Architekten- und Planungsleistungen vom gleichen Anbieter der Bauleistung erwirbt  

Baugruppe oder Einzelbau? Welcher Typ sind Sie?  
Ob zusammen bauen in einer Baugemeinschaft oder doch lieber für sich alleine – diese Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen. Beide Modelle haben ihre Vor- und Nachteile. Wichtig ist es vor allem, sich über seine eigenen Wünsche und Anforderungen an ein eigenes Zuhause klar zu sein – sowohl über die jetzigen, als auch über die zukünftigen. 

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