Niedrigzinsen – wie lange noch?
Eine Blase ist das nicht, darauf weisen Experten hin. Vielmehr passen sich deutsche Immobilien, die (noch) vergleichsweise günstig zu haben sind, dem internationalen Niveau an. Der Niedrigzins der EZB, inzwischen bei 0,0 % angelangt, ist der ausschlaggebende Punkt für diese Entwicklung. Wie lange wird er noch auf diesem Niveau verharren?
Die Zinsentwicklung
Heute (2016) wird allerorten von “historisch tiefen” Zinsen gesprochen, doch völlig neu ist das Phänomen nicht. 1873 etwa gab es eine große Finanzkrise („Gründerkrise“), die weltweit die Zinsen purzeln ließ und zu leichter Deflation führte. Ein weiteres Zinstief gab es während des Zweiten Weltkrieges. In den USA war damals der private Goldbesitz verboten, Anleihen waren alternativlos. Heute steuern mächtige Zentralbanken wie die EZB die Zinsen. So viel Machtkonzentration bei einer Bank ist unüblich. Die Situation verlangt daher eine neue Betrachtung. Wichtig ist diese für Immobilieninvestoren, denn sie müssen entscheiden, wie langfristig sie sich an den festen Zinssatz eines Immobiliendarlehens binden.
Niedrigzinsen als langfristiger Trend?
Ein ausgewiesener Finanzexperte, der ehemalige Fed-Chef Ben Bernanke, glaubt an einen langfristigen Trend zu Niedrigzinsen. Dazu tragen nach seiner Auffassung die EZB, die Fed, die BoJ und andere Notenbanken bei, jedoch seien die mächtigen Zentralbanken nicht die entscheidenden Kräfte. Die Niedrigzinsen würden vielmehr vom Zustand der Weltwirtschaft determiniert. Eine jüngere EZB-Studie pflichtet dieser Auffassung bei. Sie macht verschiedene Faktoren abseits von Zentralbankentscheidungen aus, welche die Zinsentwicklung beeinflussen:
- Innovationskraft der Wirtschaft
- Demografie (Altersstruktur der Bevölkerung)
- Infrastruktur
- Flexibilität des Arbeitsmarktes
- Wachstumsanreize durch staatliche Investitionsprogramme
Was bedeutet diese Erkenntnis für den Immobilienmarkt?
Immobilienkäufer, Hausbauer und Modernisierer können sich wahrscheinlich auf langfristig niedrige Zinsen einstellen. Sichere Prognosen gibt es hierzu nicht, doch eine radikale Wende zu exorbitant steigenden Zinsen kann sich momentan niemand vorstellen. Wer heute also in ein Eigenheim oder eine Gewerbeimmobilie investiert, sollte eher auf länger laufende Darlehen mit Festzinssatz setzen, auch wenn dieser etwas höher ausfällt als bei einem Kurzläufer. Das ist die eine Erkenntnis für diejenigen, die ohnehin zum Hausbau oder -kauf entschlossen sind. Die andere Erkenntnis lautet: Es ist ein sehr günstiger Zeitpunkt, um an den Immobilienerwerb zu denken. Die Zinsen geben jede Art von Finanzierung her, gleichzeitig ist der deutsche Markt noch längst nicht überhitzt. Wie sich die Immobilienpreise in den nächsten zehn Jahren entwickeln, ist vielleicht noch schwerer zu prognostizieren als die eigentliche Zinsentwicklung.